Black Lives Matter

I can’t breathe. Ich kann nicht atmen.

Diese Worte haben in den letzten Tagen eine völlig neue Bedeutung bekommen. Es geht jetzt nicht mehr um Menschen, die wegen einer Atemmaske im Supermarkt das Gefühl haben, in ihrer Freiheit eingeschränkt zu sein und nicht mehr normal atmen zu können. Jetzt geht es um George Floyd. Um ihn, und um die 7.666 anderen Menschen, die in Amerika allein in den letzten sieben Jahren von der Polizei zu Unrecht getötet worden.

Jetzt könnte man sich fragen, ob ich, als weiße Deutsche das Recht habe, mich gegen Rassismus zu äußern. Denn mein Land ist auch nicht gerade unschuldig. Und ich bin weiß. Ich falle dieser Ungerechtigkeit…dieser Diskrimierung tagtäglich nicht zum Opfer.

Denn Rassismus ist mehr als nur Hass. Rassismus ist mehr als nur schwarz und weiß. Es ist ein komplexes System sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene, das für die weiße Bevölkerung arbeitet. Und das, obwohl 70% der Bevölkerung nicht einmal weiß sind.

Ob wir es mögen oder nicht. Selbst wenn du meinst, eine weiße Person zu sein, die schwarze Leute mag, schafft es dieser allgegenwärtige Rassismus in der Welt, seinen Weg in deinen Kopf zu finden. Egal, ob du es merkst oder nicht, es beeinflusst die Art und Weise, wie du Menschen ansiehst, die nicht aussehen wie du.

Bei einer Befragung hat sich herausgestellt, dass ein drittel aller Europäer davon ausgeht, Menschen mit dunkler Haut seien von Natur aus dümmer. Rassismus ist wie eine kaltblütige Krankheit, gegen die es keinen Impfstoff gibt. Nein, keiner ist als Rassist geboren, aber dieser Rassismus bleibt nun mal ein mächtigstes System, in das wir hineingeboren werden.

So wie Luft ein allgegenwärtiger Stoff ist, den wir einatmen, sobald wir auf die Welt kommen. Wir können uns nicht dagegen wehren.

Michael Jackson sagte It doesn’t matter if you’re black or white.

Es macht nichts aus, ob du schwarz oder weiß bist.

Gerne würde ich ihm da zustimmen, aber…. es war nicht egal, welche Hautfarbe er hatte, als George Floyd unbewaffnet von den weißen Polizisten in Minneapolis umgebracht wurde.

Es war nicht egal, als Martin Luther King 1968 erschossen wurde.

Es war nicht egal, als die Afroamerikaner bis zu den 1950ern wegen der Segregation andere Toiletten benutzen, andere Bars aufsuchen und hinten im Bus sitzen mussten. Um es den weißen Amerikanern recht zu machen.

Also doch, es macht etwas aus, ob du schwarz oder weiß bist.

Es macht etwas aus, weil dieser kleine biologische Faktor uns allen in diesem Raum ein Privileg darstellt. Ja, wir sind privilegiert. Ob wir es zugeben wollen oder nicht. Und das durch unsere Hautfarbe.

Als weiße Person, die in Deutschland lebt, muss keiner von uns sich Sorgen machen, dass, wenn wir im Auto sitzen, ein Polizist uns anhalten könnte. Dass sie uns verletzen könnten, obwohl wir uns nicht wehren. Dass das unsere letzten Minuten sein könnten. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass unsere weißen Geschwister in der Schule als Neger bezeichnet werden.

Keiner von uns hat die leiseste Ahnung, wie sich das anfühlen muss. Deshalb sind wir privilegiert. Und das sollten wir anerkennen. Denn nur so können wir helfen. Hilft es wirklich zu sagen All lives matter? I don’t see colour? Und auf Social Media ein kleines RIP zu posten?

Nein. Wie soll es helfen? Wenn du nichts dagegen sagst, wenn am Tisch beim Familienessens etwas gesagt wird, von dem du weißt, dass es rassistisch und falsch ist und du trotzdem still dasitzt und die deinen Teil nur denkst, wie hilfst du da? Wie hilfst du, wenn du über einen Rassistischen Kommentar deiner Freunde lachst, anstatt deinen Mund zu öffnen und etwas zu sagen?

Rassismus ist eben dieser hinterhältige Virus in unseren Gehirnen, der es immer wieder schafft, sich in unserem Leben breit zu machen. Es ist wie Wasser in einem Boot, dass man durchgehend ausschöpfen muss, damit man nicht untergeht. Das ist anstrengend, ich weiß. Aber ist es das nicht wert?

Unsere Stimme zu nutzen? Unser Privileg als weiße Menschen zu nutzen, um für den Teil der Gesellschaft einzutreten, an den unser System nicht in erster Linie denkt? Wenn ihr Rassismus in eurem Gehirn und in eurem Umfeld bekämpfen wollt, müsst ihr für die Black Community kämpfen. Wenn ihr besser sein wollt, als die Leute, die Trump wählen, weil sie genau wissen, dass er mit Make America Great again eigentlich Make America White again meinte, dann müsst ihr mehr tun, als nur zu sagen, ihr seid keine Rassisten. Ihr müsst mehr tun, als öffentlich euer Beileid zu bekunden.

Es gibt zurzeit tausende von Stars und Politikern, die auf Petitionen aufmerksam machen. Unterschreibt sie. Dass ihr weiß seid und aus Deutschland kommt und es euch „deswegen nichts angeht“ ist keine Entschuldigung. Rassismus passiert in unserem Land nicht weniger als in Amerika. Der Rassismus in Deutschland ist nicht mit Hitler gestorben.

Also nutzt eure Stimme, wenn ihr wirklich etwas ändern wollt. Wenn ihr es satt habt, von Menschen wie George Floyd zu hören. Sprecht miteinander. Unterhaltet euch über das, was in der Welt gerade passiert. Habt diese Diskussionen. Hört einander zu. Hört zu, wenn jemand sagt, dass er sich diskriminiert fühlt und fangt nicht sofort an, euch zu verteidigen.

Auch wenn in drei Wochen keiner mehr posten wird „Black Lives Matter“, ist das Thema nicht abgeschlossen. Rassismus ist eine chronische Krankheit unserer Gesellschaft und um sie uns nicht auffressen zu lassen, müssen wir etwas tun. Sowohl weiße, als auch schwarze. Sowohl Europäer als auch Asiaten.

Vergesst nicht, was George Floyd passiert ist. Vergesst nicht, was ihr gesehen habt. Vergesst nicht, dass es acht tausend anderen Menschen allein in den letzten sieben Jahren in Amerika genauso ging. Entscheidet euch, ob ihr still bleiben wollt und der Krankheit eine weitere Chance geben wollt oder ob ihr bereit seid, sie zu bekämpfen. Ob ihr bereit seid, eure Stimme und euer Privileg zu nutzen? Und nicht nur, solange alle über George Floyd reden.

Denn es ist wahr. Black Lives Matter. Schwarze Leben sind wichtig. Nicht nur heute und nicht nur während der Demos. Wir sollten dafür sorgen, dass diese Phrase mehr als nur leere Worte werden. Lasst uns dafür sorgen, dass die Welt sich dementsprechend verhält. Es ist an der Zeit.

 

Hermine Dehler (10c)

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